Dieses Aquarell zeigt die nackte Figur der Frau des Künstlers, Anna. Sie sitzt im Profil auf einem Bett, das in ein weißes Tuch gehüllt ist. Sie stützt sich auf den linken Arm und ist vom Betrachter abgewandt. Nur ihr Ohr, ihr Nacken und ihr zurückgezogenes dunkles Haar sind sichtbar. Der Künstler porträtiert seine Frau Anna weder als Göttin noch als Heldin, sondern als junge Frau. Der Künstler verwendet blaue, gelbe und rote Elemente, um der Komposition Tiefe und Farbe zu verleihen. Es ist leichthin gemalt, mit schnellen Pinselstrichen, die Formen und Licht suggerieren, anders als in einer hyperrealistischen Malweise. Diese Arbeit erinnert uns an Auguste Renoirs „Reclining Nude“. Anna Voegtlis zurückhaltender Blick vom Betrachter weg deutet möglicherweise darauf hin, dass sie sich widerstrebend bereit erklärt hat, für dieses Gemälde zu posieren. Die Figur ist gegen ihr aufgeräumtes Zimmer abgegrenzt. Die räumliche Beziehung zwischen Akt und Hintergrund wird durch Kontraste bewusst verdeutlicht. Was Jadranka Skorin-Kapov in „The Intertwining of Aesthetics and Ethics“ über die unsterbliche Kraft der Kunst zum Ausdruck bringt, passt auch zu diesem Gemälde: „Das wahre Kunstwerk ist bestrebt, die Essenz der Unmittelbarkeit und Komplexität der Situation einzufangen, ohne wesentliche Details und sowohl für die Sinne als auch für den Intellekt angenehm. Antike Kunstwerke verewigten die Schönheit, die nur ein flüchtiger Moment im Leben eines Menschen ist. Ein Künstler fängt Schönheit ein, indem er alle seine Fähigkeiten einsetzt, und das Ergebnis ist eine idealisierte Form, die den Künstler übertrifft“ (2016, S. 32).
Quellen
Khazaie, Davood (2022) „Akt von Anna Voegtli“: JULIUS VOEGTLI: Ein Schweizer Pionier des Impressionismus, Herausgegeben von Nour Nouri & Davood Khazaie, Pashmin Art Publisher, S.140-141
Julius Vögtli (1879-1944) war ein Schweizer Maler, der eine Schlüsselrolle in der Entwicklung des Impressionismus in der Schweiz spielte. Seine Landschaftsbilder, die oft die Schweizer Landschaft darstellten, zeichneten sich durch ihre lebendigen Farben und expressiven Pinselstriche aus. Vögtlis Werk trug dazu bei, den Impressionismus als bedeutende künstlerische Bewegung in der Schweiz während des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts zu etablieren.