Nadine Siebert: Kunst als Spiegel des Unsichtbaren
Die Kunst von Nadine Siebert ist eine tiefgründige Erforschung der unsichtbaren Schichten menschlicher Existenz – jener verborgenen Tiefen, die unter der Oberfläche des Alltags liegen. Durch lebendige Farben, dynamische Formen und kräftige Kontraste schafft ihre Arbeit eine Brücke zwischen der äußeren Welt und dem inneren Selbst und lädt Betrachter ein, eine intensive Reise der Selbstreflexion und emotionalen Entdeckung zu erleben. Für Siebert ist Kunst weit mehr als eine ästhetische Beschäftigung; sie ist eine kraftvolle und heilende Kraft – eine Quelle von Inspiration, Authentizität, Mut und menschlicher Verbindung.
Ihre Vision wurzelt in Themen wie Tiefe, Gleichheit, freiem Ausdruck und Selbstbestimmung. Sieberts Gemälde beleuchten das gesamte Spektrum menschlicher Erfahrung – von strahlendem Licht bis hin zu tiefem Schatten – und ermutigen dazu, die Komplexität des Lebens und die Schönheit in der Unvollkommenheit anzunehmen.
Die Technik hinter der Vision
Sieberts unverwechselbarer Stil entsteht durch ihren innovativen Einsatz von Mixed Media auf Keilrahmen-Leinwänden. Sie verbindet die kontrollierte Präzision der Acrylmalerei mit der spontanen Energie der Graffiti-Kunst und verwendet Spraydosen, um Dynamik und Struktur einzubringen. Diese Fusion wird ergänzt durch das Zusammenspiel intensiver Kontrastfarben und monochromer Grisaille-Technik, die taktile Qualität der Impasto-Pinselstriche und die Feinheit der Line Art. Ihre Leinwände pulsieren vor Leben und schichten abstrakte Formen mit figürlichen Elementen, um emotionale Tiefe und erzählerische Komplexität zu erzeugen.
Im Zentrum ihrer Arbeit stehen abstrakte Gemälde, die sich auf weibliche Akte und Porträts konzentrieren und dabei kraftvolle Themen wie Kampf, Schmerz, Revolution, Macht und Verlust erkunden.
Eine künstlerische Entwicklung
Sieberts künstlerische Reise lässt sich in fünf erkennbare Phasen einteilen, die jeweils eine Veränderung in der Erforschung von Abstraktion, Figuration und emotionalem Ausdruck markieren.
Phase 1: Rohe Linien in abstrakten Räumen
Ihre frühen Werke wie Zum Trotz (2023), Zweifel (2023) und psst (2022) zeigen Leinwände, die von abstrakten Farbspritzern dominiert werden, während Figuren und Gesichter mit rohen, groben Linien skizziert sind. Die Spannung zwischen kontrollierter Linearität und wildem Pinselstrich erzeugt eine spürbare emotionale Dringlichkeit und reflektiert zerrissene Identitäten im Chaos.
Phase 2: Abstraktes Patchwork mit eingebetteten Figuren
In Werken wie Freigeist (2023) und Revolution (2024) werden die Leinwände reicher und komplexer. Fragmentierte menschliche Formen treten aus lebhaften, geschichteten Farbblöcken hervor und verschmelzen Figuration und Abstraktion zu einem kohärenten Dialog über Identität und Transformation.
Phase 3: Zweigeteilte Kompositionen
Eine markante Herangehensweise zeigt sich in Stücken wie Pain (2024), Female Power (2024) und Crash (2024), bei denen die Leinwand in zwei kontrastierende Bildfelder aufgeteilt ist. Eine Seite zeigt oft ein mutiges figürliches Element, während die andere abstrakte Texturen und Farben präsentiert. In Pain vermittelt Sieberts nahezu monochromatische Palette und die teilweise verdeckte weibliche Figur intensive Themen wie Leid und Widerstandskraft. Diese kompositorische Teilung verstärkt die psychologische Spannung, indem Chaos und Ruhe, Schatten und Licht gegenübergestellt werden.
Phase 4: Figürlicher Fokus mit abstrakten Untertönen
Ihre jüngsten Werke wie Augen-Blick (2024) und Closed (2025) rücken Gesichter und Augen stärker in den Mittelpunkt und laden zur tiefen Reflexion über Wahrnehmung und Verletzlichkeit ein. Diese Stücke behalten abstrakte, fragmentierte Hintergründe bei, die die Fluidität von Erinnerung und Emotion symbolisieren. Besonders Closed balanciert die stille Trauer eines tränenbefleckten geschlossenen Auges mit lebendigen Farbspritzern in Magenta, Türkis und Violett – ein Ausdruck des komplexen Nebeneinanders von innerem Schmerz und äußerem Ausdruck.
Phase 5: Die Kraft der Abstraktion
Neben diesen figürlichen Erkundungen schafft Siebert auch vollkommen abstrakte Werke wie Perfect Day und Regenbogenland (2025). Diese Gemälde nutzen dynamische Pinselstriche und lebhafte Farbwechsel, um immersive Atmosphären zu schaffen, die sich von direkter Darstellung lösen. Sie heben die fließenden Grenzen zwischen reiner Abstraktion und figürlichem Ausdruck in ihrer Praxis hervor und erweitern die emotionale Bandbreite ihres Oeuvres.
Über die Künstlerin
Nadine Siebert wurde am 25. September 1987 in Bremen geboren. Sie hat einen Bruder und lebt seit mehreren Jahren mit ihrem Ehemann in einem kleinen Dorf zwischen Bremen und Hamburg.
Neben ihrer Leidenschaft für die Kunst haben Tiere und die Natur einen besonderen Platz in ihrem Herzen und bieten ihr einen Raum, in dem sie regelmäßig neue Kraft schöpft. Meditation und eine Ausbildung im Life Trust Coaching helfen ihr, zentriert zu bleiben und ihre persönliche Weiterentwicklung zu fördern, die parallel zu ihrer Tätigkeit als Abteilungsleiterin bei Bild der Frau verläuft.
Schon ihr Leben lang beschäftigt sie sich intensiv mit Themen wie persönlichem Wachstum, innerem Frieden und Sinnhaftigkeit sowie mit der Suche nach Perfektion im Unvollkommenen und dem Wunsch, Licht und Schatten zu vereinen. Ihre Kunst ist Ausdruck dieser Auseinandersetzungen, denen sie sich leidenschaftlich widmet.
Fazit
Die Kunst von Nadine Siebert bietet eine lebendige und eindrucksvolle Reise durch die Komplexitäten des menschlichen Daseins. Ihre Mixed-Media-Technik – die rohe Energie der Graffiti mit malerischer Impasto-Textur und feiner Linienkunst verbindet – erzeugt Leinwände, die sowohl visuell eindrucksvoll als auch emotional tiefgründig sind. Von der rohen Direktheit ihrer frühen Linienarbeit über ausgefeilte duale Erzählungen bis hin zu intimen Studien von Blicken und Emotionen lädt Siebert die Betrachter ein in eine Welt, in der Sichtbarkeit und Verborgenheit, Licht und Schatten, Ordnung und Chaos nebeneinander bestehen.
© Das Copyright des Textes liegt bei Dr. Davood Khazaie