Jolanda Keeris, eine Künstlerin aus Veldhoven (Niederlande), erfüllt ihre Leinwände mit einer tiefen Sensibilität, die aus einer persönlichen Lebensreise erwächst. Ursprünglich leidenschaftliche Lehrerin, musste sie aufgrund einer Autoimmunerkrankung ihren beruflichen Weg ändern und fand durch einen von ihrer Tochter vorgeschlagenen Malkurs zur Kunst. Unter Anleitung von Hanneke van der Zanden verfeinerte sie ihre Technik, während ihre Atelierarbeit zu Hause weiterhin intuitiv blieb, gelenkt von Farben und persönlichem Empfinden. Keeris’ Gesamtwerk, bestehend aus persönlichen Inspirationen und Auftragsarbeiten, zielt darauf ab, komplexe Geschichten und Emotionen auszudrücken. Ihre Kunst beschäftigt sich intensiv mit Abstufungen, Schichten, Dichten und subtilen Übergängen und verkörpert so eindrucksvoll das Konzept der Fuzzy Logic.
Von Lotfi Zadeh entwickelt, ahmt die Fuzzy Logic menschliche Entscheidungsprozesse nach, indem sie Wahrheitsgrade zwischen absoluten Binärzuständen (0 und 1) berücksichtigt und somit nuancierte, flexible Interpretationen ermöglicht. Diese Logik spiegelt sich in Keeris’ künstlerischem Ansatz wider, der starre Abgrenzungen vermeidet und die fließende Komplexität des Lebens aufgreift. Ihre intuitive, farbgeleitete Praxis mit kontinuierlichen Übergängen verkörpert Zadehs Konzept partieller Wahrheiten. Keeris’ Leinwände werden zu Bühnen für die Erforschung von Zugehörigkeitsgraden, linguistischen Variablen und Fuzzy-Regeln und übersetzen abstrakte mathematische Modelle in greifbare emotionale und atmosphärische Ausdrücke. Ihre Kunst beschreibt fuzzy Konzepte nicht nur – sie performt sie und macht abstrakte mathematische Ideen greifbar und emotional nachvollziehbar.
Diese Rezension untersucht Werke, die 2025 in den Museen der Schloss- und Residenzstadt Greiz (Deutschland) und der Pashmin Art Gallery (Hamburg) gezeigt wurden. Durch die interpretative Linse der Fuzzy Logic werden zentrale Themen und künstlerische Ausdrucksweisen hervorgehoben, um die Nuancen, Unsicherheiten und fließenden Grenzen der zeitgenössischen Kunst zu betonen.
Carnaval in de Stad: Fuzzy Farbigkeit des Feierns
Das Werk „Carnaval in de Stad“ (100 x 120 cm) veranschaulicht Fuzzy Logic in einer dynamischen Komposition. Das „dynamische Zusammenspiel von Rot-, Blau-, Gelb- und Grüntönen“ erzeugt „freudiges Chaos und eine ausgelassene Stimmung, in der Grenzen verschwimmen“. Dies steht direkt im Zusammenhang mit den Fuzzy-Mengen chromatischer Identität. Statt scharfer Farbgrenzen besitzt ein Farbfleck möglicherweise einen hohen Zugehörigkeitsgrad zu „Rot“ (z. B. 0,9), einen moderaten zu „Orange“ (0,6) und sogar einen geringen, aber vorhandenen zu „Gelb“ (0,2). Dieses kontinuierliche Farbspektrum erzeugt ein „freudiges Chaos“, das dem Auge erlaubt, eher eine lebendige Verschmelzung als klar abgegrenzte Blöcke wahrzunehmen.
„Texturierte Schichtungen und rhythmische Pinselstriche“ tragen zu unscharfen räumlichen Beziehungen bei. Die Wahrnehmung von Vorder- und Hintergrund ist nicht absolut; eine Schicht könnte zu 0,7 zum „Vordergrund“ und zu 0,3 zum „Mittelgrund“ gehören, wodurch eine fließende Tiefenwirkung entsteht. Dies spiegelt wider, wie „gemeinschaftliche Energie gedeiht“ und „Grenzen verschwimmen“ wie bei einem echten Karneval. „Übergänge, die eher andeuten als definieren“, bilden das Wesen der fuzzy Schlussfolgerung, wobei Schlussfolgerungen (Festlichkeit) aus unpräzisen, überlappenden Prämissen (Farb- und Texturmischungen) entstehen.
De Favelas in Rio de Janeiro: Nuancierte Erzählungen von Lebendigkeit und Leben
In „De Favelas in Rio de Janeiro“ (70 x 90 cm) zeigen Keeris‘ „energische Pinselstriche und intensive Farbkontraste“ „Komplexität und Lebendigkeit“ und stehen im Einklang mit der Fähigkeit der Fuzzy Logic, komplexe, vielschichtige Realitäten zu erfassen. „Intensive Rottöne, Gelbtöne und kontrastreiche dunkle Farbtöne“ erzeugen eine fuzzy linguistische Variable der „Intensität“ oder „Lebendigkeit“. Ein bestimmter Bereich könnte einen hohen Zugehörigkeitsgrad zur „Lebendigkeit“ (0,9), einen moderaten zu „sozioökonomischem Kampf“ (0,6) und einen geringen, aber vorhandenen zur „Hoffnung“ (0,2) haben. Diese überlappenden Wahrheitsgrade vermitteln eine „kraftvolle visuelle Erzählung“, die sowohl die „Lebendigkeit“ als auch die komplexen soziokulturellen Dynamiken des Favela-Lebens widerspiegelt, ohne sie auf binäre Kategorien zu reduzieren. Die „nuancierte Interpretation“ ergibt sich aus dieser fuzzy Modellierung komplexer Themen, bei denen verschiedene Aspekte in unterschiedlichen Ausprägungen präsent sind.
Connected: Harmonie durch fuzzy Verbundenheit
„Connected“ (120 x 160 cm) illustriert eindrucksvoll die Theorie der Fuzzy-Mengen durch Harmonie und Interaktion. „Strukturierte horizontale Bänder“, die „subtil von warmen, erdigen Farbtönen zu tieferen, kühleren Tönen übergehen“, verkörpern unscharfe Grenzen zwischen Farbtemperatur-Bereichen. Statt einer scharfen Linie gibt es einen allmählichen Übergang: Ein Band könnte am einen Ende 0,9 Zugehörigkeit zu „warm“ besitzen, in der Mitte zu gleichen Teilen „warm“ (0,5) und „kühl“ (0,5) sein und am anderen Ende 0,9 zu „kühl“. Diese „harmonische Interaktion ohne strikte Grenzen“ definiert einen fuzzy Übergang und ermöglicht „Verbundenheit und Kontinuität“.
„Fuzzy Abstufungen von Farbe und Texturschichten“ zeigen, dass Zugehörigkeiten zu konzeptuellen fuzzy Mengen wie „Einheit“ oder „Diversität“ nicht absolut sind. Ein Bereich könnte hohe Zugehörigkeit zu „Einheit“ (durch nahtlose Übergänge) und gleichzeitig moderate Zugehörigkeit zu „Diversität“ (durch subtile Variationen) aufweisen. Dies regt Betrachtende an, „nuancierte Gleichgewichte und Übergänge“ zu betrachten, ermöglicht durch fuzzy Logic, die Systeme mit kontinuierlichen Variablen und nicht-binären Beziehungen verständlich macht.
De Blauwe Stad: Fuzzy Atmosphäre urbaner Ruhe
„De Blauwe Stad“ (90 x 90 cm) veranschaulicht fuzzy Logic durch atmosphärische und emotionale Zustände, dargestellt in einer nuancierten visuellen Sprache. Die „fein abgestimmte Palette, dominiert von Abstufungen in Blau, akzentuiert mit warmen und neutralen Tönen“, erzeugt eine fuzzy Menge von „Blauheit“ oder „Ruhe“. Unterschiedliche Farbtöne haben verschiedene Zugehörigkeitsgrade innerhalb des übergreifenden Konzepts „Blau“, von blass (geringe Intensität) bis hin zu tiefem Indigo (hohe Intensität).
„Geometrische, vertikale Anordnungen“, die „unscharfe Grenzen von Stadtlandschaften hervorrufen“, zeigen, wie strukturierte Elemente dennoch fuzzy sein können. Gebäudekanten können durch Textur, Licht oder Überblendung ineinanderfließen und dadurch Zugehörigkeitsgrade sowohl zu „klarer Form“ als auch „vermischtem Hintergrund“ aufweisen. Dieser spektrale Ansatz fängt „das subtile Zusammenspiel von Ruhe und Struktur inmitten urbaner Komplexität“ ein, wobei „Ruhe“ und „Struktur“ koexistieren – in unterschiedlichen Graden vermittelt durch die fuzzy Natur der visuellen Komponenten.
Connected in 2: Dualität und Transformation durch fuzzy Aggregation
Das Diptychon „Connected in 2“ (Diptychon, je Panel 120 x 40 cm) erforscht Dualität und Transformation mithilfe von fuzzy Aggregations- und Defuzzifizierungsprozessen. Das „lebendige Zusammenspiel von Farbe und Textur“, bei dem „warme und kühle Farbtöne in strukturierten, doch unscharfen Schichten verschmelzen“, repräsentiert eine Aggregation fuzzy Mengen. Die Kombination erzeugt kein klares „Neutral“, sondern Bereiche mit unterschiedlichen Zugehörigkeitsgraden zu beiden Kategorien, was eine nuancierte Mischung ergibt, die die Komplexität von Dualitäten widerspiegelt.
Der „Übergang von einer ätherischen Textur oben zu dichteren Texturen unten“ kann als fuzzy Regelsystem zur Interpretation von Tiefe oder Materialdichte betrachtet werden:
- Wenn die Textur leicht und die Farbe ätherisch ist, dann ist die Dichte gering.
- Wenn die Textur dicht und die Farbe tief ist, dann ist die Dichte hoch.
Zwischenbereiche weisen Zwischenstufen der Zugehörigkeit zu den Mengen „geringe Dichte“ und „hohe Dichte“ auf. Diese „fließende Koexistenz scheinbar gegensätzlicher Kräfte“ verdeutlicht die Fähigkeit der fuzzy Logic, Widersprüche und Paradoxien zu verarbeiten, indem sie Elemente teilweise gegensätzlichen Kategorien zuordnet. Einheit entsteht hier nicht durch das Auflösen von Gegensätzen, sondern durch deren nuancierte, vielschichtige Vermischung.
Daughter: Fuzzy Entfaltung von Identität
„Daughter“ (Triptychon, je Panel 30 x 30 cm) erzählt auf eindrucksvolle Weise von Identitätsbildung als kontinuierlichem, fuzzy Prozess. „Wechselnde Negativräume und sich entwickelnde Farben, die sich von Unklarheit zu Klarheit bewegen“, illustrieren einen fuzzy Zustandsübergang. Identität ist nicht binär, sondern entfaltet sich allmählich. Ein erstes Panel könnte eine niedrige Zugehörigkeit zur „Klarheit der Identität“ und hohe zur „Unklarheit“ aufweisen, wobei sich dies progressiv zu hoher „Klarheit“ und niedriger „Unklarheit“ verschiebt.
„Reich texturierte Pinselführung und intensivierte Farben“ tragen zur fuzzy Darstellung von Identität bei, wobei die Textur als linguistische Variable („Glätte“ oder „Rauheit“) mit variierenden Graden die Komplexität des Wachstums widerspiegelt. Dieses „flexible Verständnis der Identitätsbildung“ resoniert stark mit der Fähigkeit der fuzzy Logic, Prozesse abzubilden, die graduell, nicht-linear und von Natur aus unsicher sind, ähnlich der menschlichen Entwicklung.
Von rechts nach links betrachtet beschreibt „Daughter“ eine Reise von der Unklarheit zur Selbstwahrnehmung. Der tiefviolette Negativraum offenbart allmählich eine lebendige Silhouette und symbolisiert den Übergang von Halbstille zum Ausdruck. Ausdrucksstarke, gestische Striche erhöhen die Komplexität des Gesichts und symbolisieren emotionales Wachstum und Identitätsentwicklung. Während sich der Hintergrund aufhellt, betont die Komposition das Hervortreten von Individualität und Lebendigkeit. Diese Entwicklung verkörpert einen Weg zur Selbstverwirklichung, geprägt durch Erfahrungen und Emotionen. Das dynamische Zusammenspiel von Form und Auflösung, Farbe und Leere macht „Daughter“ zu einer poetischen Reflexion über Wachstum, Identitätsbildung und die reiche Entwicklung der Persönlichkeit im Laufe der Zeit.

Revolution of Climate Change: Dringlichkeit mit fuzzy Präzision
„Revolution of Climate Change“ (40 x 50 cm) veranschaulicht eindrucksvoll die Anwendung der Fuzzy Logic bei komplexen gesellschaftlichen Themen und Unsicherheiten. „Nuancierte Abstufungen von Blautönen“ bilden fuzzy Mengen, welche die Schwere oder den Fortschritt des Klimawandels darstellen. Statt starker Gegensätze erfolgen subtile Übergänge, die ein Kontinuum von Zuständen andeuten. Ein hellerer Blauton könnte eine hohe Zugehörigkeit zu „frühzeitiger Warnung“ (0,8) und niedrige Zugehörigkeit zu „Krise“ (0,1) haben, während ein tieferes Blau diese Verhältnisse umkehren könnte.
Diese „strukturierte, dennoch fließende Abstufung“ ermöglicht es dem Bild, „die dringliche und komplexe Natur der Klimaproblematik visuell ohne scharfe Gegensätze zu vermitteln“. Es verkörpert die Fähigkeit der fuzzy Logic, Unsicherheiten und nuancierte Interpretationen aufzugreifen – die Essenz der Klimawissenschaft und ihrer Prognosen. Das Hervorheben von „Dringlichkeit und Anpassungsfähigkeit“ entspricht fuzzy Regeln zur Entscheidungsfindung bei Unsicherheit:
• Wenn Klimazustand dringend ist, dann ist die Reaktion eine anpassungsfähige Maßnahme.
Das Gemälde wird so zur visuellen Metapher für die intrinsisch fuzzy Natur umweltbezogener Herausforderungen, bei denen klare Lösungen selten sind und ein Verständnis erfordern, das Grautöne akzeptiert.
Fazit: Die Kunst der partiellen Wahrheiten
Durch ihren bewussten Einsatz von Abstufungen, Schichten und fließenden Übergängen bietet Jolanda Keeris’ Kunst ein überzeugendes visuelles Vokabular für fuzzy Logic. Ihr Gesamtwerk performt fuzzy Konzepte und macht abstrakte mathematische Ideen greifbar und emotional erfahrbar. Durch das Annehmen partieller Wahrheiten und Zugehörigkeitsgrade bietet Keeris’ Kunst einen nuancierten, flexiblen und tiefgründigen Kommentar zum kontinuierlichen Fluss des Lebens und zur komplexen Verbundenheit unserer Erfahrungen. Ihre Kunst zelebriert die reiche Komplexität einer fuzzy Realität, die sich in den Zwischenräumen traditioneller Gewissheiten entfaltet.
© Das Copyright des Textes liegt bei Dr. Davood Khazaie
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