Kendra Troschels Kunst bietet eine zutiefst persönliche und zugleich universelle Erforschung des spirituellen Weges, der Erinnerung und der Gegenwart – umgesetzt in lebendigen, strukturierten Gemälden, die von tiefgründigen poetischen Quellen inspiriert sind. Ihre Werke Sohrabs Gondel (Sohrab’s Gondola), Sohrabs Mutter (Sohrab’s Mother) und Reise (Journey) greifen Themen wie Flucht, mütterliche Fürsorge und die Suche nach Bedeutung auf und laden die Betrachter zu einem kontemplativen Dialog über den Lebensverlauf ein. In diesem Essay betrachten wir diese drei Arbeiten.
Kendra Troschels „Sohrabs Gondel“: Eine visuelle Reise inspiriert vom Gedicht „Jenseits der Meere“ von Sohrab Sepehri
Kendra Troschels Sohrabs Gondel schöpft tief aus dem kontemplativen Geist von Sohrab Sepehris Gedicht Jenseits der Meere (Posht-e Daryāhā) und übersetzt dessen Themen von Flucht, spiritueller Suche und Erneuerung in eine eindrucksvolle visuelle Form. Das Gemälde zeigt eine einsame Figur, die ein kleines Boot über eine weite Wasserfläche rudert, eingerahmt von einer großen, festen Landmasse links und einem blassen, nebligen Himmel darüber.
Der feste Raum symbolisiert das „fremde Land“, das Sepehri hinter sich lassen möchte. Die dunkle, strukturierte Oberfläche vermittelt Enge und Stillstand und spiegelt die Worte des Dichters wider:
„Ich werde eine Gondel bauen, / ich werde sie ins Wasser werfen. / Ich werde mich von diesem fremden Land entfernen, / wo niemand die Helden erwecken kann / im Dickicht der Liebe.“
Diese Landmasse steht für die Begrenzungen und Lebenslosigkeit der gegenwärtigen Welt – ein Ort, dem es an Mythos und Vitalität mangelt.
Im Kontrast dazu stehen die tiefen Blau- und Grüntöne des Wassers, die Bewegung, Freiheit und Transformation suggerieren. Die vertikalen weißen Streifen deuten fließende Strömungen an und spiegeln das wiederkehrende Motiv des Gedichts wider, „rudere und rudere“, Bindungen abzuwerfen und spirituelles Erwachen zu suchen:
„Ich werde rudern und rudern / Ich werde mich nicht an das Blau binden / Noch an die Meerjungfrauen, die ihre Köpfe aus dem Wasser heben.“
Über allem symbolisiert der weiche, pastellfarbene Himmel Hoffnung und Transzendenz und reflektiert Sepehris Vision einer göttlichen Stadt jenseits der Meere:
„Jenseits der Meere liegt eine Stadt / Wo Fenster sich zur göttlichen Erscheinung öffnen.“
Gemeinsam schafft Troschel durch die Verwendung von Farbe, Raum und Form einen meditativen Dialog mit Sepehris Poesie – eine Einladung an die Betrachter, sich auf die zeitlose Reise von Enge zu Befreiung einzulassen.
Das Gedicht endet mit diesen Zeilen:
„Dichter sind die Erben des Wassers, der Weisheit und des Lichts. / Jenseits der Meere liegt eine Stadt! / Eine Gondel muss gebaut werden.“
Kendra Troschels „Sohrabs Mutter“: Eine visuelle Meditation über die Spuren des Wassers
Kendra Troschels Sohrabs Mutter ist ein tief bewegendes Gemälde, das den Geist von Sohrab Sepehris langem Gedicht Die Spuren des Wassers (Sedā-ye Pā-y-e āb) eindrucksvoll visuell verkörpert. Dieses Gedicht ist eine bescheidene und herzliche Ode an seine Mutter und an die stillen Rhythmen des Alltags, die eng mit der Natur verflochten sind.
Das Gemälde zeigt eine einsame Gestalt, die sich über die Erde neben einem tiefblauen Teich beugt, umgeben von einer lebendigen Landschaft aus warmen Rottönen und strukturierten Erdfarben. Dieses Bild korrespondiert eng mit Sepehris poetischen Versen:
„Ganz unten / Meine Mutter wusch die Tassen / im Andenken an den Fluss,“
und fängt die Ehrfurcht vor mütterlicher Fürsorge sowie die intime Verbindung zwischen menschlichem Leben und der natürlichen Welt ein.
Troschels Einsatz von reichen, strukturierten Oberflächen und kräftigen, warmen Farben evoziert die fühlbare, sinnliche Qualität des Gedichts — seine Betonung des zyklischen Flusses von Leben, Erinnerung und der elementaren Präsenz des Wassers. Die geschwungenen Formen und Pfade im Bild deuten Bewegung und den Verlauf der Zeit an und spiegeln so die Verschmelzung von persönlicher Erinnerung mit universeller Erfahrung im Gedicht wider.
Sepehris Verse beschreiben das Leben als harmonische Verbindung von Alltäglichem und Mystischem — wo einfache Handlungen wie das Waschen oder das Gehen im Regen zu spirituellen Ritualen werden. Troschels visuelle Interpretation ehrt diese Vision und lädt die Betrachter ein, über die Heiligkeit im Alltag und die beständige Gegenwart mütterlicher Liebe als eine erdende Kraft in einer vergänglichen Welt nachzudenken.
Durch dieses Werk schaffen Troschel und Sepehri eine gemeinsame Meditation über Erinnerung, Natur und das sanfte, doch tiefgreifende Erbe mütterlicher Fürsorge — ausgedrückt durch die fließende Sprache von Farbe und Poesie.
Kendra Troschels „Reise“: Die innere Pilgerfahrt und ihre Universalechos
Im Zentrum von Kendra Troschels Gemälde Reise steht eine zutiefst persönliche und zugleich universelle Meditation über das Leben als fortwährende spirituelle Pilgerfahrt. Durch vielschichtige Texturen und gedämpfte Farbtöne evoziert Troschel die emotionale Landschaft der Seele eines Reisenden — geprägt von Bewegung, Sehnsucht und der Suche nach Bedeutung. Ihr Werk fängt die Spannung zwischen dem physischen und dem metaphysischen Weg ein, den wir beschreiten, und legt nahe, dass die Essenz jeder Reise nicht im Erreichen eines Ziels liegt, sondern in der transformativen Erfahrung des Durchschreitens von Zeit und Raum.
Troschels Reise steht in engem Bezug zu den Themen, die in Sohrab Sepehris Gedicht Mosāfer (Der Wanderer) behandelt werden. Sepehri verwebt in seinem Gedicht alte Mythen und persönliche Reflexionen zu einer umfassenden Erzählung über die Wanderungen der Seele. Er offenbart die Erkenntnis des Reisenden, dass Ithaka — das ideale Heim oder Ziel — für immer knapp außerhalb der Reichweite bleibt, und betont damit das unaufhörliche Entfalten des Lebens sowie das spirituelle Wachstum, das in beständiger Suche liegt. Troschels Gemälde visualisiert diese Philosophie und lädt die Betrachter ein, über ihre eigenen Pfade der Entdeckung und Erneuerung nachzudenken.
Dieses Thema findet eine zeitgenössische Entsprechung im Film The Way (2010) von Emilio Estevez, der die körperliche und emotionale Reise eines Vaters entlang des Jakobswegs schildert. Wie bei Sepehri und Troschel steht auch im Film die wahre Bedeutung der Pilgerfahrt in der Reise selbst — in den geknüpften Verbindungen, der angenommenen Heilung und der gewonnenen Weisheit — und nicht im Erreichen eines letzten Zielpunkts.
Gemeinsam bilden diese drei künstlerischen Ausdrucksformen — Troschels visuelle Meditation, Sepehris poetische Seelenreise und Estevez’ filmische Pilgerfahrt — eine kraftvolle Erzählung über die menschliche Erfahrung: dass das Leben eine endlose Reise ist, bei der der Weg und nicht das Ziel bestimmt, wer wir sind.
Ein zeitgenössisches Echo: Die filmische Pilgerfahrt in The Way
Dieses zeitlose Thema der spirituellen Reise und Selbstentdeckung findet auch im Film The Way (2010) von Emilio Estevez seinen Widerhall, der die transformierende Pilgerfahrt eines Vaters auf dem Jakobsweg (Camino de Santiago) schildert. Wie bei Troschel und Sepehri betont auch der Film, dass der wahre Wert in der Reise selbst liegt — in der Heilung, den Verbindungen und dem Wachstum — und nicht im Erreichen eines endgültigen Ziels.
Die eindrucksvollen Gemälde von Kendra Troschel, die tiefgründige Poesie von Sohrab Sepehri und der Film The Way bilden gemeinsam einen reichen Dialog über das Leben als endlose Pilgerfahrt und erinnern uns daran, dass es die Reise selbst ist, die unsere Identität und unseren Sinn formt.
• Die Übersetzungen der Gedichte von Sohrab Sepehri stammen alle vom Autor Davood Khazaie aus dem Persischen.
© Das Copyright des Textes liegt bei Dr. Davood Khazaie
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